FiBB e.V.

Ab ins Grüne!

Gemeinsam Natur erleben - Erfahrungen und Tipps aus der vorurteilsbewussten Bildungsarbeit mit vielfältigen Gruppen

1.

Wie können unterschiedliche Menschen
miteinander über verbindende Themen sprechen?

Mit unserem Bildungsprojekt „Ab ins Grüne! Gemeinsam Natur erleben“ haben wir gemeinsame Naturerlebnisse von Menschen mit und ohne Zuwanderungserfahrung dafür genutzt, den Wert von Natur und Umwelt als gemeinsame Lebensgrundlage zu erkennen, persönliche Handlungsmöglichkeiten zu erweitern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Bürger:innen im Sozialraum zu stärken. Der Erhalt und Schutz von Natur und Umwelt durch den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und von allen getragenen Maßnahmen zum Klimaschutz ist zum einen existentiell wichtig, nicht zuletzt im Interesse unserer Nachkommen. Zum anderen verbindet diese Aufgabe Menschen unabhängig von Herkunft, Sprache, Religion, sozialer Position. Nachhaltige Lösungen und Strategien zum Erhalt des Lebensumfeldes können daher nur gemeinsam entwickelt und wirksam werden. Insofern macht es Sinn, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen/communities am Diskurs über sinnvolle Maßnahmen und Handlungsmöglichkeiten zu beteiligen.

Die meisten bisherigen Angebote im Bereich Naturschutz-Umweltschutz-Klimawandel sprechen überwiegend deutsche Bürger:innen an, zumeist gebildete und sozioökonomisch gesicherte Menschen. Dies gilt auch für die meisten der im Themenfeld aktiven Organisationen/NGOs. Auch wenn viele zivilgesellschaftlich aktive Organisationen und Gruppen sich als „offen“ für alle Interessierten verstehen, stellen die Rahmenbedingungen und Kommunikationsstile dieser Angebote häufig Hürden dar für Menschen, die nicht mit den – selten hinterfragten – Spielregeln und Umgangsformen in deutschen zivilgesellschaftlich organisierten Vereinen und Aktionsgruppen vertraut sind. Menschen, die marginalisierten Gruppen zugeordnet werden (z.B. mit geringen Deutschkenntnissen, in prekären Lebensverhältnissen, mit unzureichendem aufenthaltsrechtlichem Status, mit Zuwanderungsgeschichte, etc) fühlen sich – trotz ihres möglichen Interesses am Themenfeld – häufig nicht eingeladen und nicht in der Lage, an diesen – als sehr deutsch empfundenen – Diskursen und Aktivitäten teilzunehmen. Ihre Abwesenheit bei den öffentlich bekannteren Umweltorganisationen und -Aktivitäten wird dann häufig fälschlich interpretiert als vermeintliches Desinteresse an Engagement und Verständnis für Natur- und Umweltschutz.

Wir wollten daher praktisch erproben, mit welchen Methoden und Formaten es gelingen kann, Räume zu schaffen, um unterschiedliche Menschen zusammenzubringen und einen Anstoß für individuelle und gemeinsame Lernprozesse zu geben. Wir sind davon ausgegangen, dass gemeinsame positive Erlebnisse in der Natur und ein wertschätzender und wohlwollender Austausch untereinander über vielfältige Natur-, Umwelt- und Klimathemen dazu beitragen, den Schutz von Natur, Umwelt und Klima als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu erkennen, zu der alle beitragen können: durch eigenes verantwortliches Handeln, durch die Weitergabe von Informationen in den eigenen Familien und communities, durch ein besseres Verständnis der gesellschaftlichen Strukturen, in denen Natur-, Umwelt und Klimaschutz umgesetzt wird und werden muss.

Statt ein weiteres allgemeines Integrationsprojekt für Zugewanderte durchzuführen, haben wir mit unserem Projekt ein gesellschaftlich relevantes Thema exemplarisch in den Mittelpunkt gestellt, mit dem Bedingungen für einen inklusiven Diskurs und eine vorurteilsbewusste Zusammenarbeit praktisch erprobt werden. Handlungsleitend waren die folgenden Fragen:

  • Was heißt „Kommunikation und Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ für den Bereich der Natur- und Umweltbildung?
  • Mit welchen Methoden und Formaten gelingt es, Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammenzubringen?
  • Welche gemeinsamen Erfahrungen sind möglich?
  • Wie können die Kompetenzen und Erfahrungen aller Beteiligten in die gemeinsamen Lernprozesse eingebunden werden?

Mit dieser Handreichung stellen wir die Ergebnisse unserer Bildungsarbeit vor und geben Anregungen dazu, wie die notwendige weitere Öffnung des Themen- und Aktionsfeldes Natur-Umwelt-Klimaschutz besser gelingen kann.

2.

Zielgruppen: Menschen mit
und ohne Migrationsgeschichte

Mit dem Projekt „Ab ins Grüne“! Gemeinsam Natur erleben“ haben wir zugewanderte und nicht zugewanderte Erwachsene jeden Alters und Jugendliche ab ca. 15 Jahren angesprochen. Bei den Ausflügen und Workshops konnten auch Kinder ab ca. 10 Jahren in Begleitung ihrer Eltern teilnehmen.

Uns war wichtig, mit diesem Projekt insbesondere die Erwachsenen und Erziehungsberechtigten zu erreichen, die für nachhaltige Veränderungen des Familienalltags in Bezug auf den Umgang mit Natur-, Umwelt- und Klimaschutz in der Regel verantwortlich sind. Zudem wirken sie als Multiplikator:innen in ihren Familien, Communities und Nachbarschaften.

Alle Angebote waren offen für Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache, Religion und sozioökonomischer Position in Bonn und der Region um Bonn. Insbesondere wurden Menschen aus den Stadtteilen des Bonner Nordens angesprochen, die den Ausgangspunkt unserer Projektaktivitäten – das Bildungs- und Familienzentrum Haus Vielinbusch – bereits kannten und gerne nutzen. Einschränkungen gab es nur in Bezug auf die Barrierefreiheit der verschiedenen Projektmaßnahmen.

3.

Projektziele: Was wollen wir erreichen?

Viele Menschen nehmen Naturerfahrungen als wichtige Quelle für Stärkung, Ausgleich und gesunde Entwicklung nicht mehr wahr und nutzen kaum Gelegenheiten für – gemeinsame – Naturerlebnisse. Positive Naturerlebnisse und Austausch über Aktivitäten und Erlebnisse können jedoch einen Anstoß dazu geben, Natur und Umwelt als gemeinsame Lebensgrundlage zu erkennen, persönliche Handlungsmöglichkeiten zu erweitern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Bürger:innen im Sozialraum zu stärken: So kann der Schutz von Natur-Umwelt-Klima als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erkannt werden, die auch gemeinsame Wertschätzung und Verantwortung für den Lebensraum erfordert. Dieses Ziel war handlungsleitend für die Umsetzung der verschiedenen gemeinsamen Angebote für zugewanderte und nicht zugewanderte Bürger:innen, die die Sensibilisierung über ein verbindendes gesellschaftlich relevantes Thema mit akutem Handlungsbedarf (Klimaveränderungen) ermöglichen.

Im Mittelpunkt der Projektarbeit stand daher das Ziel, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen,

  • um gemeinsam Erfahrungen in und mit Natur und Umwelt zu machen,
  • um sie für die Bedarfe eines nachhaltigen Ökosystems als gemeinsame Lebensgrundlage zu sensibilisieren,
  • um den wertschätzenden Austausch unter Menschen verschiedener Sprache und Herkunft zu ermöglichen,
  • um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit Natur und Umwelt zu entdecken,
  • um gemeinsam Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren und zu erproben sowie Lernprozesse anzuregen.

Die Teilnehmenden sollten auf der Grundlage positiver Naturerlebnisse die Möglichkeit erhalten, Natur wieder zu erleben als fundamentalen Raum des Lebens, als Quelle für Erholung, als Basis für ein gesundes Leben, in dem sie selbst sich als Teil von Natur und Ökosystem wiederentdecken.
Anknüpfend an positive Erlebnisse und Erfahrungen können die Teilnehmenden Natur als etwas Schützenswertes entdecken und besser verstehen, warum und wie wir alle durch unsere Lebensweise zum Erhalt bzw. zur Zerstörung des Ökosystems und damit unserer eigenen Lebensgrundlage beitragen. Zudem können positive Erfahrungen in der Natur und der wertschätzende Austausch über klimarelevante Themen die Bereitschaft steigern, selbst nachhaltiger im (Familien-)Alltag zu handeln und die erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen im eigenen sozialen Umfeld (Familie, Nachbarschaft, Freundes- und Kolleg:innenkreis) weiterzugeben. Schließlich sollten die Teilnehmenden durch die gemeinsame Praxis darin gestärkt werden, selbst aktiv und kreativ zu werden und sich klimaverantwortliches Handeln zuzutrauen. Insbesondere durch die praxisorientierten Themen und Formate konnten die Teilnehmenden nachhaltige und klimafreundliche Möglichkeiten der Haushaltsführung, des Konsums und der Freizeitgestaltung kennenlernen, die auch nach Projektende weiterwirken und inspirieren.

Als übergeordnetes Ziel ging es auch darum, den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Sozialraum zu stärken: So kann der Schutz von Natur-Umwelt-Klima als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erkannt werden, die auch gemeinsame Wertschätzung und Verantwortung für den Lebensraum erfordert. Zugleich wird auf lokaler Ebene deutlich, in welchem Ausmaß unterschiedliche Bevölkerungsgruppen von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind und wie unterschiedlich Menschen je nach Privilegien und Zugang zu Ressourcen zur Umweltzerstörung beitragen. In Familie, Nachbarschaft, Community, im gemeinsam genutzten öffentlichen Raum können Lernprozesse und Auseinandersetzungen angestoßen werden. Naturerlebnisse und der Austausch über Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten können exemplarisch dazu beitragen, gemeinsam Werte zu schützen und proaktiv umzusetzen.

Den dafür notwendigen Raum für Erfahrungen, Austausch, Begegnung und aktivierende zielgruppengerechte Maßnahmen hat der Träger angeboten und fachlich begleitet.

4.

Vorurteilsbewusste Bildungsarbeit
im Themenfeld Natur-Umwelt-Klimaschutz

Die Fachstelle für interkulturelle Bildung und Beratung – FiBB e.V. arbeitet seit ihrer Gründung mit dem Ansatz vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung (Anti-Bias-Ansatz). Die langjährigen Erfahrungen in der Bildungs-, Beratungs- und Begegnungsarbeit mit vielfältig zusammengesetzten Zielgruppen zeigen uns, dass das Konzept vorurteilsbewusster Bildungsarbeit sich gerade bei der Förderung von Zugehörigkeit, gesellschaftlicher Akzeptanz und aktiver Teilhabe bewährt hat.

4.1 Welche Rolle spielen Benachteiligungen und Privilegien in der Bildungsarbeit?

In sozialen Gemeinschaften – zum Beispiel in Schulklassen, Jugendgruppen, Teams, Familien, Nachbarschaften, Vereinen, Arbeits- und Lerngruppen und am Arbeitsplatz – spielen Haltungen und Bewertungen gegenüber Menschen eine zentrale Rolle. Sie beziehen sich auf Sprachen, Religionen, Hautfarben, Behinderung und Gesundheit, körperliche Merkmale und Fähigkeiten, Armut und Reichtum, Herkunftskulturen, Alter, sexuelle Orientierung, Geschlechtsrollen usw. Sie führen oft zu Vorurteilen und zu einer ungerechten Verteilung von Macht und Einflussmöglichkeiten. So entstehen Schieflagen in der Gesellschaft. Manche Menschen und Gruppen haben Vorteile und Privilegien; andere erfahren Ausgrenzung und Diskriminierung. Ein Mensch kann in einem Bereich privilegiert sein, und in einem anderen Zusammenhang benachteiligt werden.

 

 

 

 

 

Menschen erfahren schon in ihrer Kindheit, wo sie und ihre Familienkultur im Rahmen der gesellschaftlichen Hierarchien zugeordnet werden. Dabei geht es um Gegensatzpaare wie zum Beispiel arm-reich, schwarz-weiß, gesund-behindert, alt-jung, sprachlich (deutsch) kompetent-sprachlich in-kompetent, christlich-nicht christlich, integriert-nicht integriert usw. Auch im weiteren Leben erfahren wir immer wieder, ob wir zu einer Gruppe dazugehören oder nicht, ob wir bestimmte Möglichkeiten nutzen können oder nicht, ob wir Einfluss auf wichtige Entscheidungen haben oder nicht.

Es ist wichtig, sich der Vorurteile und Voreingenommenheiten bewusst zu werden, die wir „gelernt“ haben. Nur dann können wir versuchen, sie Stück für Stück wieder zu „ver-lernen“ und andere Haltungen und Umgangsformen entwickeln. Überall, wo Menschen unterschiedlicher Voraussetzungen, Lebenseinstellungen und Familienkulturen zusammenkommen, wünschen sie sich ein Klima von Fairness, Respekt und Anerkennung. Jeder Mensch hat ein Anrecht darauf, dazuzugehören. Jeder hat Fähigkeiten, die ihn/sie besonders machen und die er/sie in die Gestaltung des Zusammenlebens und in die Bewältigung von Problemen einbringen kann. Und jeder / jede von uns kennt Ausgrenzung, ob als Opfer (Diskriminierte) oder Täter:innen (Diskriminierende). Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn wir ausgegrenzt werden oder wenn wir andere ausgrenzen.

 

4.2 Praktische Umsetzung vorurteilsbewusster Prinzipien in der Bildungsarbeit

 

Alle Menschen fühlen sich wohler, wenn sie in wichtigen Lebensbereichen (KiTa, Schule, Arbeitsplatz, Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft,…) Anerkennung erleben. Dies ist nur möglich, wenn man fair und respektvoll behandelt wird. Für die Gestaltung von Bildungsangeboten heißt dies, die eigenen Spielräume und Entscheidungsmöglichkeiten bewusster zu nutzen, um dazu beizutragen, dass weniger ausgegrenzt wird und wir fairer und wertschätzender miteinander umgehen.

In der Zusammenarbeit im Team und im Umgang mit Teilnehmenden und Kooperationspartner:innen reflektieren wir die eigene Haltung:

  • Wir alle haben Vor-Urteile und Voreingenommenheiten.
  • Wir müssen uns der Voreingenommenheiten bewusstwerden.
  • Auf Vor-Urteilen basierende Haltungen dürfen unser Denken und Handeln bestimmen, aber wir können sie hinterfragen.
  • Wir müssen uns mit der eigenen Position in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen auseinandersetzen. Wo bin ich in einer privilegierten Position?  Wo bin ich benachteiligt oder ausgegrenzt? Wie kann ich diskriminierendes Verhalten ver-lernen?

Für die Gestaltung von Angeboten und Projektmaßnahmen berücksichtigen wir die folgenden Bedingungen vorurteilsbewusster Bildungsarbeit:

  • Wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe
  • Alle Sprachen sind zugelassen und wichtig
  • Respekt und Anerkennung für die verschiedenen Familienkulturen mit ihren Sprachen, Religionen, Lebensgestaltungen
  • Einigung auf gemeinsame „Spielregeln“ im Umgang miteinander
  • Kultursensible Kommunikation und Vermittlung
  • Reflexion über Zugangs- und Verständigungshürden, Benachteiligungen und Privilegien
  • Aktiver Abbau von gesellschaftlichen Schieflagen

In der praktischen Bildungsarbeit – mit heterogenen Zielgruppen – wirkt sich der Ansatz vorurteilsbewusster Bildungsarbeit positiv aus:

  • Die Teilnehmenden schätzen das offene und einladende Klima bei allen Angeboten. Auch Konflikte werden fair und respektvoll behandelt, damit sich alle weiterhin willkommen fühlen.
  • Auch schwierige Themen können angesprochen werden, wenn sich alle Teilnehmenden respektiert fühlen.
  • Die Gruppen sind sprachlich, kulturell und religiös gemischt, so erleben alle auch hier den respektvollen Umgang mit der Vielfalt von Lebensgestaltungen und Meinungen.
  • Die Teilnehmenden erleben in der Praxis, dass es verbindende Themen gibt, zu denen alle etwas beitragen können.

Auch im Themenfeld Natur-Umwelt-Klimaschutz hat sich der vorurteilsbewusste Ansatz bewährt, um den Rahmen für die Gestaltung aller Projektmaßnahmen und die Bedingungen für die Kommunikation unter allen Beteiligten zu bestimmen und gemeinsam weiterzuentwickeln. So ist es gelungen, mit Menschen unterschiedlicher Voraussetzungen, Erfahrungen und Kenntnisse zusammenzuarbeiten, positive Begegnungen zu ermöglichen und Lernprozesse in einer Atmosphäre von Respekt und Freundlichkeit anzustoßen.

5.

Formate der praktischen Umsetzung

Als Standort für die praktische Umsetzung der Projektmaßnahmen wurde ein Bildungs- und Familienzentrum im Stadtteil Bonn-Tannenbusch gewählt. Haus Vielinbusch ist ein Nachbarschaftszentrum im Sozialraum mit vielfältigen Angeboten zur Begegnung, Bildung und Beratung und wird von vielen Familien und Menschen unterschiedlicher Communities besucht. Der Träger FiBB e.V. ist selbst einer von acht Gesellschafter:innen (Migrant:innenselbstorganisationen und interkulturell arbeitende Vereine) der UG Vielfalt in Tannenbusch (haftungsbeschränkt), die die Trägerschaft von Haus Vielinbusch im Auftrag der Stadt Bonn übernommen hat.

Da die mehrsprachige und niedrigschwellige Bildungsarbeit von Haus Vielinbusch viele unterschiedliche Familien und Einzelpersonen erreicht und den Menschen im Sozialraum vertraut ist, sind die Hürden für die Teilnahme an neuen Angeboten nicht hoch. Die Projektmaßnahmen wurden daher als Ergänzungen in das Programm des Zentrums aufgenommen sowie zusätzlich über weitere Verteiler des Trägers und kommunale Plattformen und Netzwerke beworben.

Zur Umsetzung des Projektes wurden verschiedene Erfahrungsräume geschaffen, um ein breiteres Spektrum von Interessierten anzusprechen und den unterschiedlichen terminlichen, familiären, physischen Möglichkeiten entgegenzukommen.

Neben dem offenen Format des Natur-Cafés mussten sich interessierte Teilnehmende für die Workshops und Ausflüge in Haus Vielinbusch oder beim Projekt-Team anmelden und ein Pfand in Höhe von 5,-€ hinterlegen, das sie nach der Teilnahme zurückerhielten. Diese Pfandregelung hat sich bewährt, um die Verbindlichkeit einer Anmeldung zu den kostenfreien Angeboten zu vermitteln.

Für jedes Vierteljahr stellte das Team einen Handzettel mit allen Terminen und Themen zusammen, der ausgedruckt und digital verbreitet wurde. Alle Formate wurden vom Team gemeinsam vorbereitet und durchgeführt. Zum Team gehörten neben der Projektleitung und einer pädagogischen Mitarbeiterin drei mehrsprachige Kulturvermittler:innen, Das vielfältige Team war wichtig dafür, dass die Teilnehmenden eine vertraute Atmosphäre erlebten und unabhängig von ihren Deutschkenntnissen bei allen Workshops aktiv mitmachen konnten.

5.1 Offenes Natur-Café

 

Das Natur-Café in Haus Vielinbusch war konzipiert als ein offenes wöchentliches Angebot am Nachmittag, jeweils 1,5 Stunden lang. Bei jedem Termin wurde ein vorbereitetes Thema aus dem Bereich Natur-Umwelt-Klimaschutz vorgestellt und diskutiert. Eingebettet war der Austausch in ein Angebot mit Kaffee, Tee und gesunden Broten mit diversen Belägen und Snacks als Beispiele für eine gesündere Verpflegung. Die thematische Vorbereitung übernahmen die verschiedenen Teammitglieder bzw. Mitarbeitende/Ehrenamtliche kooperierender Organisationen und Vereine. Alle Themen des Natur-Cafés wurden vierteljährlich gemeinsam geplant; zudem wurden Anregungen und Wünsche der Teilnehmenden so weit wie möglich in die Planungen einbezogen. Aufgrund der mehrsprachigen Zusammenstellung des Projektteams war es immer möglich, auch Teilnehmende in den gemeinsamen Austausch einzubeziehen, die kein oder kaum Deutsch sprechen konnten. Dies galt insbesondere für die hauptsächlich im Sozialraum vertretenen Familiensprachen arabisch und somalisch; zudem konnten andere Teammitarbeiterinnen aufgrund ihrer Französisch- und Englischkenntnisse weitere Herkunfts-/Verkehrssprachen abdecken. Bei weiteren Übersetzungsbedarfen wurde immer Zeit eingeräumt, um sich untereinander zu helfen oder Übersetzungs-Apps für die Verständigung und die Vermittlung wichtiger Inhalte zu nutzen. Bei allen Natur-Café-Terminen stand das Ziel im Mittelpunkt, alle Teilnehmenden anzuhören und mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen in den Austauschprozess einzubeziehen. Insgesamt fanden im Projektverlauf 95 Termine des Natur-Cafés statt.

 

5.2 Ausflüge in die Natur

 

Die insgesamt 24 Tagesausflüge am Wochenende wurden geplant und durchgeführt vom Projekt-Team, zumeist in Kooperation mit einer Vereinskollegin, die als Naturerlebnispädagogin ebenfalls über langjährige Erfahrung in der Bildungsarbeit mit vielfältigen Zielgruppen verfügt.

Alle Ausflugsziele lagen im Raum Bonn/Köln und Umland, um den Teilnehmenden wohnortnahe und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichende Ziele in der Natur zu zeigen für erholsame und interessante Naturerlebnisse. Treffpunkt war immer Haus Vielinbusch, wo das Team jeweils eine gesunde und nachhaltige Verpflegung für alle Teilnehmenden vorbereitet hatte. Die anfallenden Fahrt- und Verpflegungskosten wurden durch Projektmittel gedeckt, damit die Teilnahme auch für Interessierte möglich war, die über geringe finanzielle Mittel verfügen.

Die Ausflüge fanden bei – fast – jedem Wetter statt; Teilnehmende wurden vorher darum gebeten, auf dem Wetter angepasste Kleidung und festes Schuhwerk zu achten. Es ging uns auch darum, Vorbehalte gegen einen Aufenthalt im Freien/in der Natur bei kälteren Temperaturen oder bei Regen/Schnee abzubauen und auch längere Strecken zu Fuß zurückzulegen.

Entsprechend dem Lauf der Jahreszeiten stand bei jedem Ausflug ein Natur-Thema im Mittelpunkt. Für den Ablauf der Ausflüge war uns wichtig, den Teilnehmenden positive Erfahrungen in der Natur zu ermöglichen. Dazu gehörte z.B. gute Organisation für den gemeinsamen Hin- und Rückweg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, ein den motorischen Fähigkeiten angepasstes Tempo, eine für alle gut zu bewältigende Wegstrecke, Abwechslung während des Aufenthaltes in der Natur durch Erläuterungen und Beschreibungen, viele abwechslungsreiche Hinweise auf Pflanzen, Tiere und Naturphänomene, Einbeziehung der Teilnehmenden bei Spielen und praktischen Aktivitäten, viel Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen untereinander, ein gut vorbereitetes gesundes Picknick sowie insgesamt eine zugewandte respektvolle Atmosphäre im Umgang miteinander.

 

5.3 Workshops zu ausgewählten praktischen Themen

Die insgesamt 12 dreistündigen Workshops zu thematischen Schwerpunkten im Bereich Natur-Umwelt-Klima fanden ungefähr alle zwei Monate statt. teilweise in Zusammenarbeit mit einer Naturerlebnispädagogin. In den Workshops ging es vor allem um die praxisorientierte Vermittlung natur- und umweltfreundlicher Kenntnisse für verschiedene Bereiche des Alltags. So konnten die Teilnehmenden konkret etwas unter Anleitung selbst erstellen als eigenen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Haushalt, im Garten/auf dem Balkon und beim Konsumverhalten. Sie lernten viele Beispiele für Upcycling mit unterschiedlichen Werkstoffen, alten Gegenständen und gefundenen/gebrauchten Materialien kennen. Sie produzierten selbst unter Anleitung umweltfreundliche Produkte z. B. für die Hautpflege, Haushaltsreinigung und Lebensmittelverarbeitung. Sie informierten und befassten sich mit Möglichkeiten der weiteren Nutzung von Gegenständen (Haushaltsgeräte, Kleidung, Möbel, Freizeitbedarf etc.) durch Reparatur, Second-Hand-Nutzung, Tauschbörsen und Leih-Stationen („Bibliothek der Dinge“), um vorhandene Ressourcen zu schonen.

5.4 Projektnewsletter

Im Projektzeitraum wurden vierteljährlich insgesamt zehn Projektnewsletter erstellt und digital verbreitet. Auf jeweils sechs Seiten fanden Interessierte und Kooperations-/ Netzwerkpartner:innen in einfacher deutscher Sprache aktuelle Informationen zum Projektverlauf, Eindrücke von Ausflügen und Workshops, neue Termine und Themen des Natur-Cafés, Termine und Beschreibungen der geplanten Ausflüge und Workshops sowie praxisnahe Tipps für einen nachhaltigen Alltag.

Das Team illustrierte alle Inhalte mit Fotos von allen Aktivitäten, gab Hinweise zur Anfahrt und verwies auf Links und Adressen für weitere Informationen und Materialien. Die Newsletter sollten u.a. dazu anregen, selbst in die Natur zu gehen und Beispiele aus den Workshops und Natur-Cafés nachzumachen und auszuprobieren. 

Newsletter:

https://fibb-ev.de/oeffentlichkeitsarbeit/veroeffentlichungen/

6.

Übersicht der Themen in den Projektmaßnahmen

6.1. Themen im offenen Natur-Café

1. Altes Handy – ist das Müll? Wie können wir alte Geräte entsorgen?

2. Ausmisten zuhause – aber wie?

3. Auswirkungen von Kriegen auf den Klimawandel

4. Bakterien und Keime im Haushalt

5. Bäume tun gut!

6. Bio + fairer Handel – was bedeutet das?

7. Draußen sein – egal bei welchem Wetter!

8. Elektrogeräte zuhause: was brauchen wir wirklich?

9. Ernten statt einkaufen – was kann ich selbst anpflanzen?

10. Besuch der Tannenbuscher Düne und Gemeinschaftsgarten mit den Dünenfüchsen e.V.

11. Gentechnik – was heißt das für uns?

12. Gesundes Brot backen

13. Giftige Pflanzen

14. Greenwashing – was steckt dahinter?

15.  Ist Zucker schlimm? Zuckerkonsum und seine Folgen

16.  Kein Gift in Kinderspielzeug!

17.  Kleidertauschbörse für Frauen

18.  Kleidertauschbörse für Kinderkleidung

19.  Kleidertauschbörse: Kleidertausch statt Kaufrausch!

20.  Klimawandel und Gerechtigkeit – wie geht das?

21.  Können wir unser Klima beeinflussen?

22.  Kräuter sind gut für uns! Welche Kräuter sind wofür geeignet?

23.  Kräutertee: gesund und lecker!

24.  Kreative + preiswerte Spiele aus Natur- und Haushaltsmaterialien

25.  Lebensmittel gehören nicht in den Müll!

26.  Lebensmittel haltbar machen durch Fermentieren

27.  Lebensmittel richtig lagern + aufbewahren

28.  Luft- und Lärmverschmutzung

29.  Marmelade selbst machen

30.  Mehrweg in der Praxis

31.  Mein eigener Kräutergarten

32.  Mobilität – wie komme ich von A nach B?

33.  Müll vermeiden – Ressourcen schonen

34.  Mülltrennung – was kommt in welche Tonne?

35.  Nachhaltiger Frühjahrsputz

36.  Natur mit allen Sinnen erleben

37.  Natürliche Kosmetik – gut für’s Klima

38.  Orangensaft: lecker + gesund – aber was steckt dahinter?

39.  Reparieren oder neu kaufen?

40.  Rettet die Bienen! Wir brauchen sie – sie brauchen uns

41.  Saisonkalender für Obst und Gemüse

42.  Second Hand: Kleidung – Möbel – Haushalt

43.  Selber machen schmeckt besser!

44.  Smart-City: Umweltfreundliche Stadtgestaltung

45.  Smartphone, Whatsapp, Tablet etc. – Was kostet meine Mediennutzung?

46.  Sommer-Café – regional und saisonal

47.  Strom sparen – aber wie?

48.  Sylvesterknaller und Co.

49.  Tannenbusch autofrei – wie geht das?

50.  Trinkwasser: Leitungswasser oder Flaschen kaufen?

51.  Umweltfreundlich putzen – wir mixen einen Allzweckreiniger

52.  Unsere Vogelwelt

53.  Versteckter Zucker

54.  Warum brauchen wir Bienen + Co?

55.  Warum brauchen wir Krabbeltiere und Insekten?

56.  Warum ist der Regenwald wichtig für uns?

57.  Was bedeutet „Klimagerechtigkeit“?

58.  Was bedeutet der Nutri-Score?

59.  Was bedeutet die Cannabis-Freigabe für uns?

60.  Was fordert die „letzte Generation“?

61.  Was hat Klimaschutz mit Frieden zu tun?

62.  Was hat künstliche Intelligenz mit der Umwelt zu tun?

63.  Was ist eine Leih-Bar?

64.  Was ist Elektro-Smog?

65.  Was können wir im Alltag für’s Klima tun?

66.  Was kostet mein T-Shirt wirklich?

67.  Was macht die Umweltberatung der Verbraucherzentrale?

68.  Was macht Online-Shopping mit der Umwelt?

69.  Was passiert mit unserem Müll?

70.  Was schmeckt dir und was schmeckt dem Klima?

71.  Was steht im Nachhaltigkeitskonzept der Stadt Bonn?

72.  Weniger Fleisch essen?!

73.  Weniger ist mehr! Wie wehren wir uns gegen Konsumdruck?

74.  Wie ernähre ich mich und meine Familie gesund? Was ist eine klimafreundliche Ernährung?

75.  Wie gehen wir mit Tieren um?

76.  Wie kann ich Energie sparen?

77.  Wie stellst du dir eine gute Zukunft vor?

78.  Wie vermeiden wir Schimmel?

79.  Wie wird unsere Kleidung produziert?

80.  Wie wird unsere Stadt grüner?

81.  Wieviel Strom verbraucht mein Smartphone?

82.  Wildblumen und Insekten – lebenswichtig für uns!

83.  Winter-Café 2022: gesunde Naschereien

84.  Winter-Café 2023: Was nehmen wir mit ins neue Jahr?

85.  Winter-Café 2024: Rückblick und Ausblick – was ist uns wichtig?

86.  Wir basteln herbstliche Deko aus Naturmaterialien

87.  Wir machen Dips und Pesto

88.  Wir stellen den Gemüsegarten des Papa-Clubs vor

89.  Wofür ist ein Zoo gut?

90.  Wofür sind CO2-Zertifikate gut?

91.  Wofür sind Zimmerpflanzen gut?

92.  Wohin mit dem Elektroschrott?

93.  Womit pflegen und verschönern wir uns?

94.  Womit putzen wir im Haushalt?

95.  Zusatzstoffe in Lebensmitteln

 

6.2 Themenfelder der Ausflüge in die Natur

1. Ab ins Grüne – Wald tut gut!:

Wissen über Baumsorten, Aufbau und Bedeutung des Waldes, Verbindung von Mensch und Natur, Wahrnehmung mit allen Sinnen (riechen, tasten)

2. Ab ins Grüne – die Heilkraft des Waldes:

Infos über Heilpflanzen und Kräuter, Heilwirkung von Pflanzen und Bäumen, Waldbaden, Wahrnehmung mit allen Sinnen (sehen, hören, fühlen)

3. Die Siegmündung: Was ist eine Auenlandschaft?:

Infos über Pflanzen und Tiere, Funktion von Auen, Bäume erkennen, mit Lupe Kleinsttiere entdecken

4. Was wächst denn da im Wald?:

Typische Bäume und ihre Früchte in der Region, Baumarten der Region, Waldwirtschaft, Zweck von Totholz, Bäume und Lebewesen unter die Lupe nehmen

5. Tierpark Rolandseck – wilde Tiere in unserer Region:

Wildschweine, Damwild, Rotwild, Mufflons, Hochlandrinder und Haustierrassen

6. Der Wald im Spätherbst – Spuren und Vorräte der Tiere suchen und finden:

Jahreskreislauf der Blätter, Tierspuren wie Netze, Gewölle, Kot, Federn, Abrieb, Gänge und Fraßspuren finden, Mandala aus Naturmaterialien

7. Museum König:

Führungen durch die Ausstellungen „Tiere Mitteleuropas“ und „Polare Eiswelt“

8. Der Wald im Winter:

Unterscheidung von Winterschlaf, Winterruhe, Winterstarre; sinnvolle Vogelfütterung; Laub und Nadelbäume; Verhalten im Winterwald

9. Frühlingserwachen im Wald:

Frühblüher erkennen, Unterschiede bei Pflanzen bzgl. Temperatur; ; Vogelstimmen erkennen und zuordnen; Atemübungen

10. Insekten und Co. – was krabbelt denn da?:

Insekten in der Wiese; Falter bestimmen; mit der Lupe unterwegs

11. Botanischer Nutzgarten und Garten in Bonn:

Führung zu Nutzpflanzen, Sträuchern und Bäumen aus aller Welt

12. Siebengebirge – ein Naturschutz-gebiet vor unserer Haustür:

Regeln und Besonderheiten eines Naturschutzgebietes; Drachenfels;

13. Wir besuchen den Kölner Zoo:

Tiere aus aller Welt kennenlernen; kritische Wahrnehmung der Zoohaltung von Tieren

14. Parkanlage der Schlösser in Brühl:

Angelegte Natur im Park; alter Baumbestand, Blumenrabatten; Geschichte des Schloss-parks; Bewegungsübungen; Kreistanz/ Menuett

15. Bodentiere im Wald:

Bedeutung von gesunder Erde, Bodenleben und Humus, Kleinsttiere finden; Zeigertiere und Bodenqualität; eine Hand voll Erde mit der Lupe untersuchen und Bodenleben zuordnen

16. Wind, Wetter, Wolken:

Entstehung von Thermik, Wolkenbildung und ihre Bedeutung; Drachen steigen lassen; Luftballon und Aufladung

17. Museum König:

Tiere besser kennenlernen: Führung durch die Ausstellung „Der Regenwald“

18. Geheimnisvoller Ort im Siebenge-birge: Klosterruine Heisterbach:

Geschichte der Klosterruine; Lage und Versorgung von Klöstern, durch Wald und Obstwiesen zum nächsten Ort; Bäume finden, Frühblüher erkennen

19. Essbares aus Wald und Wiese:

Information über verschiedene Wald- und Wiesenkräuter und ihre essbaren Teile; Verkostung

20. Faszinierendes in der Natur:

Vulkane in der Eifel; Bodengestaltung; Schmetterlinge und ihre Entwicklung, Wilde Wiesen

21. Die Vielfalt der Blumen:

Blumenrabatten in einer öffentlichen Parkanlage (Rheinaue); Information über Schnittblumen (Herkunft/Klimabilanz) und Pflanzen aus der Gärtnerei, was ist ökologisch sinnvoll?

22. Forstbotanischer Garten Köln:

Führung zur Geschichte des fortbotanischen Gartens und zu Bäumen und Sträuchern aus aller Welt; giftige Bäume und Pflanze

23. Freilichtmuseum Lindlar:

Wie lebten und arbeiteten unsere Vorfahren in der Region? Informationen über Handwerk und Landwirtschaft

24. Singvögel in der Siegaue:

Informationen über Singvögel, Wasservögel, Vogelzug und Vögel, die am Standort überwintern; Gesang und Kommunikation, Herausforderungen und Bedrohungen; Vögel sichten mit Fernglas

6.3 Themen der Workshops

1. Natürliche Salbe und Spray selbst herstellen (Mückenspray, Erste-Hilfe-Creme, Handcreme)

2. Bienenwachstücher – eine Alternative zu Alu- und Plastikfolien!

3. Kreatives aus der Natur – Gebrauchsgegenstände und Schönes herstellen ohne Müll! (Bleistift, Mobile, Stiftehalter)

4. Upcycling: aus Alt mach Neu! (Untersetzer, Schlüsselanhänger, Minigarten aus Fahrradschlauch, Tetrapack und Eierkarton)

5. Einfache Reparaturen: kleine elektrische Geräte (unter Anleitung)

6. Marmelade selbst herstellen

(mit weniger Zucker)

7. Aus Alt wird Neu – Upcycling mit Stoff (Taschen, Haarbänder, Schnüre zum Häkeln aus T-Shirts und Strümpfen)

8. Pflegeprodukte selbst machen statt kaufen (Erkältungsbalsam, Kokosöl-Deo, Mundspülung)

9. Ein kleines Gewächshaus für den Balkon (mit einer alten Kiste und Folie)

10. Wir basteln ein Insektenhotel (mit Tetrapacks, Blechdosen, Stroh)

11. Kleidung länger nutzen – kleine Reparaturen selbst durchführen

(mit und ohne Nähmaschine, Kleidungsstücke kürzen, enger machen, stopfen)

12. Upcycling – aus Alt mach Neu! (Papiersterne, Tüten und Schachteln aus Papprollen und Zeitungspapier)

7.

Erfahrungen in der praktischen Projektarbeit
mit unterschiedlichen Formaten

7.1 Das offene Natur-Café

Für das Gelingen unseres Natur-Cafés spielt eine zentrale Rolle, dass die Mitarbeitenden des Projekt-Teams bereits am Standort Haus Vielinbusch bekannt und in verschiedenen Communities im Sozialraum verankert waren. Die Zielgruppen unseres Angebotes trafen auf vertraute Personen und Gesichter, die sie häufig bereits aus anderen Bildungs- und Begegnungsangeboten kannten. Insofern war die Hemmschwelle klein, sich auch einmal zu einem offenen Café-Termin dazu zu setzen und mitzumachen.

Die folgenden Punkte sind aus unserer Sicht besonders wichtig, damit Gäste gern und häufiger/regelmäßig teilnehmen:

  • Das Natur-Café war ein offenes Angebot an einem festen wöchentlichen Nachmittagstermin ohne Anmeldung. Wer Lust und Interesse hatte, konnte sich dazu setzen und mitmachen. Jeder Termin war in sich abgeschlossen.
  • Die Themen wurden von den Mitarbeitenden im Wechsel vorbereitet und vorgestellt: es gab jeweils einen anschaulichen Input in einfacher Sprache, anknüpfend wurde ein Austausch unter allen Teilnehmenden initiiert. Der Input kam von zugewanderten und nicht zugewanderten Mitarbeitenden, so dass die Gäste alle Verantwortlichen als kompetent erleben konnten.
  • Die Cafés waren nicht belehrend. Alle Teilnehmenden wurden gehört und ernst genommen, jede:r hatte Raum für Fragen und Beiträge, jede:r konnte eigenes Wissen beisteuern und Themen vorschlagen.
  • Die gute Atmosphäre und das Gruppenerlebnis (wir alle interessieren uns für dieses Thema und reden mit) wurden geschätzt.
  • Das gesunde und leckere Essen/Snacks mit Getränken trug zu einer angenehmen Atmosphäre bei.
  • Der Austausch im Natur-Café war konsequent mehrsprachig. Mit Unterstützung der mehrsprachigen Kulturmittler:innen im Team konnten sich auch Teilnehmende ohne – ausreichende – Deutschkenntnisse an allen Gesprächen beteiligen und nicht nur still dabeisitzen. Es war wichtig, sich immer für Übersetzung und Erläuterung Zeit zu nehmen, um niemanden abzuhängen.
  • Im Natur-Café ging es einerseits um sehr praktische Themen, zum anderen wurden auch eher theoretische/abstrakte Themen angesprochen. Es gab viele alltagsnahe Themen (Ernährung, Wasser und Strom sparen, energieeffiziente Elektrogeräte, Abfall, Trinkwasser, umweltfreundliche Reinigung, Schimmelvermeidung, Fleischkonsum etc.), aber auch den Austausch über ethische Fragen (Krieg und Frieden, Globale Wirtschaft, Artenschutz, Lebensmittelproduktion, Konsum). Mit diesem breiten thematischen Spektrum konnten wir Teilnehmende auf verschiedenen Ebenen ansprechen und sensibilisieren.
  • Zu jedem Thema konnten die Teilnehmenden etwas mit nach Haus nehmen: Je nach Bedarf war dies ein Hand-out in einfacher Sprache mit wichtigen Informationen und Ergebnissen, weiterführenden Quellen und links, Kontaktdaten und Adressen, Rezepten und Anleitungen oder es wurden bereits veröffentlichte Faltblätter/Broschüren verschiedener Organisationen verteilt. Das Team bemühte sich besonders darum, Publikationen von Institutionen und Einrichtungen in verschiedenen Sprachen zu finden und zu verbreiten.
  • Die Themen wurden zielgruppengerecht didaktisch vermittelt: Es ging um praxisnahe Zugänge zu den Themen mit viel Anschauungsmaterial, Bildern, kurzen Filmen und interaktiven einfachen Methoden. Es ging vor allem darum, di Teilnehmenden zum Dialog zu ermuntern.

Beim Einsatz externer Referent:innen war es uns wichtig, vorher gut über Zusammensetzung und Bedarfe der Gruppe im Natur-Café zu informieren, unseren vorurteilsbewussten Arbeitsansatz zu erläutern und die aus unserer Sicht notwendigen Bedingungen für die Themenvermittlung zu klären.

7.2 Die Ausflüge in die Natur

Die über das Jahr verteilten Ausflüge in die Natur – wie auch zweimal zum Naturkundemuseum König in Bonn – führten die Teilnehmenden an ganztägigen Wochenendterminen zu vielfältigen Orten für Naturerlebnisse und Erholung in Bonn und im Umland. Die Gruppen waren vielfältig zusammengesetzt: das Alter variierte zwischen zehn und 80 Jahren. Familiensprachen, Herkunftskulturen, Vorkenntnisse und Erfahrungen in der Natur waren bunt gemischt. Es nahmen einzelne jugendliche und ältere Personen, Paare, Familien, Freundeskreise teil. Für alle war es eine neue Erfahrung, mit einer derartig gemischten Gruppe einen Tag lang unterwegs zu sein. Viele Teilnehmende nahmen immer wieder an den Ausflügen teil, es entstand eine feste Kerngruppe von Teilnehmenden, die sich auch untereinander besser kennenlernten.

Teilnehmende Jugendliche haben bei einem unserer Ausflüge einen Projektfilm gedreht. Video Er vermittelt anschaulich das Interesse der Teilnehmenden an den Projektthemen sowie die Begeisterung für gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse bei den verschiedenen Angeboten.

Damit gemeinsame Ausflüge mit so unterschiedlichen Menschen aus verschiedenen sozialen und migrantischen Communities gelingen, sind die folgenden Aspekte für Planung und Umsetzung zu berücksichtigen:

  • Die Ausflüge müssen gut organisiert und vorbereitet sein: Dies gilt für Hin- und Rückfahrt, Fahrt- und Eintrittskosten, Anmeldung von Führungen ebenso wie für Namensschilder, Erste-Hilfe Tasche und den Überblick über spontane Bedarfe der Teilnehmenden.
  • Es hat sich bewährt, eine gesunde Verpflegung für alle Teilnehmenden vorher im Team vorzubereiten, damit alle gut versorgt sind. So konnten wir die Informationen über gesunde Ernährung praktisch mit unserem gemeinsamen Tagesausflug verbinden. Im Laufe der Zeit wurden deutlich weniger ungesunde Snacks, Süßigkeiten und zuckrige Getränke mitgebracht. Am Ende blieb deutlich weniger Abfall zu entsorgen.
  • Bei jedem Ausflug war ein gemeinsames Picknick an einem passenden Ort in der Natur eingeplant. Dazu brachte das Team neben der Verpflegung immer Picknickdecken, Sitzkissen, Trinkbecher, Tee und Wasser mit. Alle Utensilien wurden in einem Handwagen transportiert.
  • Um positive Erfahrungen in und mit der Natur zu vermitteln, wurden die Teilnehmenden mit allen Sinnen angesprochen. Wohlbefinden in der Natur entsteht individuell unterschiedlich, daher sollten die Teilnehmenden unterschiedliche Zugänge erleben und ausprobieren.
  • Die Ausflüge wurden abwechslungsreich gestaltet. Während der Tour durch Wald, Wiesen und Felder erhielten die Teilnehmenden Informationen über Pflanzen, Bäume, Tiere, Wetterauswirkungen, Geschichte der Orte. Mit vorbereiteten Bildungsmaterialien (z.B. Becherlupen, Handspiegel, Augenbinden, Schnitzmesser, Ferngläser etc.) gab es eine gute Mischung aus Inputs, Spielen für Gruppen und Paare, kleinen Aufgaben in der Natur: etwas suchen, fühlen, riechen, sammeln, hören.
  • Die Zusammenarbeit mit der Naturerlebnispädagogin hat sich bewährt, da die Kollegin mit dem vorurteilsbewussten Arbeitsansatz des Teams vertraut und zusätzlich als Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation qualifiziert war. Auf dieser gemeinsamen Grundlage gelang es ihr, alle Inhalte bedarfsorientiert zu vermitteln, flexibel mit der Vielfalt der bei den Teilnehmenden vorhandenen Erfahrungen und Kenntnisse umzugehen und situationsorientiert auf Anfragen und Bedarfe zu reagieren. Auch die zwischendurch notwendigen Übersetzungen durch die Kulturvermittler:innen fügten sich gut in den Ablauf von Information, Austausch und Aktivitäten ein.
  • Auch bei den Ausflügen wurden gelegentlich Materialien/Handouts in einfacher Sprache verteilt, die die Teilnehmenden mit nach Hause nehmen konnten, z.B. Übersichten zu Kräutern und Heilpflanzen, Insekten, Bäumen und Blättern.
  • Die meisten Teilnehmenden kannten viele der Ausflugsorte nicht, obwohl sie wohnortnah zu finden und in der Regel auch gut mit dem ÖPNV erreichbar sind. Ausflüge in die Natur gehören für viele Familien nicht zu den üblichen Freizeitaktivitäten.
  • Einige Teilnehmende fürchten sich, allein oder als Paar in Wald und Wiesen spazieren zu gehen. Sie schätzen die Sicherheit einer größeren – organisierten – Gruppe bei den Ausflügen.
  • Durch die geführten Ausflüge erhielten die Teilnehmenden Informationen über Fauna, Flora sowie geschichtliche und kulturelle Hintergründe der Ausflugsorte, die ihnen zuvor nicht bekannt waren (z.B. über das Siebengebirge, den Drachenfels, die Klosterruine Heisterbach, den Dornheckensee, Kopfbuchen, die Vulkanlandschaft am Rodderberg). So wurden rund um den Wohnort interessante Ausflugsorte entdeckt, die man nochmals besuchen und für die man auch weitere Menschen begeistern kann.
  • Trotz des vorbereiteten Programms, z.T. auch anstrengender oder längerer Wege und Steigungen, erlebten die Teilnehmenden die Ausflüge als erholsam und angenehm. Für viele waren die Ausflüge eine Gelegenheit, in der Natur wieder aufzutanken, die gute Luft bewusst zu atmen, sich für eine Weile ohne digitale Ablenkungen und Social Media auf die ungewohnte Stille bzw. auf Naturgeräusche einzulassen, ein wenig vom Alltag zu entschleunigen.
  • Jeder Ausflug begann mit einer gemeinsamen Begrüßungsrunde. Zum Abschluss der wurde jeweils im Kreis aller Teilnehmenden mit dem Team um ein Feedback zum Tag gebeten. Es ging dabei immer um die Fragen, ob der Ausflug gefallen hat, was besonders war und was wir beim nächsten Mal anders/besser machen könnten.

7.3 Die Workshops

Alle Workshops fanden im Bildungs- und Familienzentrum Haus Vielinbusch statt.

Das große Interesse an den Workshop-Angeboten ist vor allem auf folgende Punkte zurückzuführen:

  • Viele Teilnehmende kamen ebenso zum Natur-Café und zu den Ausflügen. Sie kannten das Team und kannten sich teilweise auch untereinander. Die Leitung der Workshops (interkulturelles Team und Naturerlebnispädagogin) waren vertraute Ansprechpartner:innen, mit denen die Teilnehmenden bereits positive Erfahrungen gemacht hatten.
  • Die Workshops fanden zumeist an einem Samstagnachmittag statt, so konnten auch Berufstätige mit ihren Kindern teilnehmen.
  • Für die Workshops stellte das Team neben allen benötigten Materialien auch gesunde Snacks und Getränke zur Verfügung, um sich zwischendurch in geselliger Atmosphäre auszutauschen.
  • Die wertschätzende und zugewandte Atmosphäre vermittelte, dass alle Teilnehmenden willkommen waren, unabhängig von ihren Vorkenntnissen und Fähigkeiten.
  • Die Teilnehmenden wurden mit den Workshopthemen und den praktischen Arbeiten nicht überfordert, sondern Schritt für Schritt in einfacher Sprache mit Übersetzungen bei Bedarf sowie mit anschaulichen bildlichen Darstellungen angeleitet.
  • Die Teilnehmenden halfen sich untereinander bei der praktischen Umsetzung der verschiedenen Arbeitsschritte.
  • In den Workshops ging es um alltagsnahe und nützliche Themen wie z.B. die eigene Herstellung ökologisch verträglicher Hautpflegemittel und Haushaltsreinigungsmittel, verschiedene Upcycling-Angebote (aus Kleidung, Stoffresten, Fahrradreifen, Tetrapacks, Klopapierrollen, Konservendosen, Zeitungspapier etc.), selbstgebaute Dinge für Balkon und Garten (Mini-Gewächshaus, Vogelfutterstation, Insektenhotel), Bienenwachstücher zur Aufbewahrung.

7.4 Der Projektnewsletter

Der vierteljährlich gestaltete Projektnewsletter wurde verschickt über den Projekt-Email-Verteiler und an alle Personen und Institutionen, die sich im Verlauf des Projekts dazu meldeten. Er lieferte als Medium der Öffentlichkeitsarbeit Informationen über das Projekt und alle Maßnahmen, v.a. für Kooperationspartner:innen und Personen, die nicht direkt im Sozialraum aktiv waren bzw. nicht persönlich an Projektmaßnahmen beteiligt waren bzw. teilnahmen.

Für die Teilnehmenden selbst war der Projektnewsletter kein wichtiges Informationsmedium, da sie sich in der Regel eher über das Programm von Haus Vielinbusch, die mehrsprachige WhatsApp-Gruppe des Projektes oder über Mund-zu-Mund-Austausch informierten. Insofern ist es sinnvoller, Werbung für das Projekt, Einladungen zu verschiedenen Angeboten und weitergehende Informationen über Social-Media-Kanäle auszuweiten und regelmäßig in einfacher Sprache und mehrsprachig zu vermitteln.

Alle zehn Exemplare des Projektnewsletters sind auf unserer Homepage:

https://fibb-ev.de/unsere-arbeitsfelder/natur-und-umweltbildung

8.

Wirkungen und Schlussfolgerungen
aus der Projektarbeit

8.1 Längerfristige Effekte des Projekts

Mit unserem Projekt „Ab ins Grüne! Gemeinsam Natur erleben“ konnten wir im Verlauf von drei Jahren durch unterschiedliche und zielgruppengerechte Formate und Vermittlungsmethoden viele Teilnehmende für mehr Nachhaltigkeit im eigenen Alltag sensibilisieren und kritische Denkanstöße für die weitere Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Natur-Umwelt-Klimaschutz vermitteln.

Aus der praktischen Bildungsarbeit und den regelmäßigen Rückmeldungen von Teilnehmenden wissen wir, dass die neu gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse im Blick auf Umwelt- und Klimaschutz über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg geteilt und als gemeinsame Aufgaben erkannt wurden. Dies geschah z.B. auch über Beiträge von Teilnehmenden zu weiteren Informationen, Terminen und Ergebnissen tiefer gehender eigener Recherchen zu einzelnen Fragen in der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe.

Nach den positiven Erfahrungen der Ausflüge gehen viele Teilnehmende mit der Familie oder mit Gleichgesinnten häufiger in die Natur und nutzen die Erfahrungen und Tipps aus den Ausflügen. Mit den angeleiteten Ausflügen wurde eine Hemmschwelle überwunden; und bei den eigenen Ausflügen können die Teilnehmenden ihr erworbenes und erfahrenes Wissen weitergeben.

Viele Teilnehmende haben ihr individuelles Konsumverhalten bei kleinen Dingen geändert: sie konsumieren Leitungswasser, statt weiterhin Wasser in Plastikflaschen zu kaufen; sie versuchen, im Alltag weniger Plastikprodukte zu nutzen (Tüten, Behälter, Plastikanteile in Bekleidung, Haushaltsgegenständen etc.); sie nutzen vermehrt Second-Hand-Angebote, um nicht alle Produkte neu zu kaufen (Kleidung, Spielzeug, Möbel, Geschirr etc.); sie nutzen Reparatur-Cafés, Tauschbörsen und Recycling-Möglichkeiten, um Produkte länger zu verwenden und Abfälle zu reduzieren.

Es haben sich über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg Beziehungen, Kontakte und auch Freundschaften entwickelt, die über die regelmäßigen Projekttermine hinausgehen. Teilnehmende tauschen sich auch weiterhin untereinander aus und informieren sich gegenseitig über interessante Termine und Angebote.

Das offene Natur-Café als Ort für einen Austausch über Fragen zu Natur-Umwelt-Klimaschutz wird in Haus Vielinbusch fortgesetzt unter der Leitung einer Mitarbeiterin der Umweltberatung der Verbraucherzentrale Bonn.

8.2 Erfahrungen mit der vielfältigen Zusammensetzung der Teilnehmenden

Mit unserem Projekt „Ab ins Grüne! Gemeinsam Natur erleben“ konnten wir im Verlauf von drei Jahren durch unterschiedliche und zielgruppengerechte Formate und Vermittlungsmethoden viele Teilnehmende für mehr Nachhaltigkeit im eigenen Alltag sensibilisieren und kritische Denkanstöße für die weitere Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Natur-Umwelt-Klimaschutz vermitteln.

Aus der praktischen Bildungsarbeit und den regelmäßigen Rückmeldungen von Teilnehmenden wissen wir, dass die neu gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse im Blick auf Umwelt- und Klimaschutz über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg geteilt und als gemeinsame Aufgaben erkannt wurden. Dies geschah z.B. auch über Beiträge von Teilnehmenden zu weiteren Informationen, Terminen und Ergebnissen tiefer gehender eigener Recherchen zu einzelnen Fragen in der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe.

Nach den positiven Erfahrungen der Ausflüge gehen viele Teilnehmende mit der Familie oder mit Gleichgesinnten häufiger in die Natur und nutzen die Erfahrungen und Tipps aus den Ausflügen. Mit den angeleiteten Ausflügen wurde eine Hemmschwelle überwunden; und bei den eigenen Ausflügen können die Teilnehmenden ihr erworbenes und erfahrenes Wissen weitergeben.

Viele Teilnehmende haben ihr individuelles Konsumverhalten bei kleinen Dingen geändert: sie konsumieren Leitungswasser, statt weiterhin Wasser in Plastikflaschen zu kaufen; sie versuchen, im Alltag weniger Plastikprodukte zu nutzen (Tüten, Behälter, Plastikanteile in Bekleidung, Haushaltsgegenständen etc.); sie nutzen vermehrt Second-Hand-Angebote, um nicht alle Produkte neu zu kaufen (Kleidung, Spielzeug, Möbel, Geschirr etc.); sie nutzen Reparatur-Cafés, Tauschbörsen und Recycling-Möglichkeiten, um Produkte länger zu verwenden und Abfälle zu reduzieren.

Es haben sich über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg Beziehungen, Kontakte und auch Freundschaften entwickelt, die über die regelmäßigen Projekttermine hinausgehen. Teilnehmende tauschen sich auch weiterhin untereinander aus und informieren sich gegenseitig über interessante Termine und Angebote.

Das offene Natur-Café als Ort für einen Austausch über Fragen zu Natur-Umwelt-Klimaschutz wird in Haus Vielinbusch fortgesetzt unter der Leitung einer Mitarbeiterin der Umweltberatung der Verbraucherzentrale Bonn.

9.

Empfehlungen zur Bildungsarbeit
mit vielfältigen Zielgruppen

Im Bereich der Natur- und Umweltbildung und zur Bildungsarbeit über die Themenfelder Natur-Umwelt-Klimaschutz sind bereits vielfältige Träger aktiv, zumal es um zunehmend existentielle Fragen des zukünftigen Zusammenlebens und der gemeinsamen Gestaltung einer sicheren Lebenswelt geht. Bisher erreichen die meisten Formate jedoch nur bestimmte Zielgruppen: Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen, häufiger eher deutsche/westlich sozialisierte Menschen mit guten Deutschkenntnissen und bereits vorhandenem hohem Engagement für Klimawandel und Nachhaltigkeit, eher junge Menschen und Studierende. So haben bestehende Formate wie Arbeitsgruppen, Treffen von umweltaktiven Vereinen und Organisationen etc. häufig Strukturen und Umgangsformen, welche – ungewollt – Menschen ausschließen, die sich zwar für diese dringenden Themen interessieren, jedoch aufgrund von sprachlichen Hürden, geringen (Fach-)Kenntnissen, mangelnder Erfahrung in der Mitarbeit in Gremien und Vereinen, Diskriminierungserfahrungen unsicher sind beim Eintritt in eine fremde Gruppe bzw. sich nicht eingeladen fühlen.

Die diskutierten Themen und die geplanten Aktivitäten sind oft weit entfernt von der Lebenswirklichkeit möglicher interessierter Teilnehmender, die z.B. in prekären sozialen Verhältnissen leben, auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind oder mit Unsicherheiten bezüglich ihres Aufenthaltsstatus leben müssen. In der Öffentlichkeit breit diskutierte Themen wie z.B. E-Mobilität, Zuschüsse für Heizungsanlagen etc. haben für viele Zielgruppen der Umwelt- und Naturbildung kaum praktische Relevanz. Dennoch haben wir in unserem Projekt viele unterschiedliche Menschen angesprochen, die großes Interesse daran haben, die gemeinsame Lebenswelt zu erhalten und dazu beizutragen, gesunde Nahrung und sauberes Wasser, nachhaltige Energieversorgung, Abfallentsorgung, Abfallvermeidung, nachhaltige Produktion, nachhaltige Mobilität für alle Menschen -insbesondere für die kommenden Generationen – zu sichern.

9.1 Allgemeine Informationen und Hinweise zur Planung und Gestaltung von Aktivitäten

Da es wichtig ist, so viele Menschen wie möglich für die Mitwirkung an den gesellschaftlich notwendigen Veränderungen (individuell und gemeinschaftlich) zu gewinnen, stellen wir die aus unserer Erfahrung gewonnenen Schlussfolgerungen für diese Bildungsarbeit auf der Grundlage des Ansatzes vorurteilsbewusster Bildungsarbeit vor.

  • Für alle Formate ist das erste Ziel, eine gute wertschätzende Atmosphäre herzustellen, damit sich alle willkommen fühlen. Dazu gehören ein dialogischer Umgang mit den Teilnehmenden, die Bereitschaft, auf ihre Bedürfnisse und Wünsche im Rahmen des Machbaren einzugehen, Inhalte nicht mit erhobenem Zeigefinger bzw. belehrend zu vermitteln und nicht mit akademischem Expertenwissen den Austausch zu dominieren. Anstelle der Vermittlung von Fachwissen von oben nach unten sind die Umgangsformen in den Formaten von einer vorurteilsbewussten Haltung gegenüber den unterschiedlichen Positionen, Wissensständen und Formen der Kommunikation aller Beteiligten geprägt.
  • Um möglichst viele unterschiedliche Menschen anzusprechen, müssen die Zugänge zu allen Angeboten möglichst niedrigschwellig und barrierefrei sein. Dazu gehört ebenso, in den Formaten eine einfache Sprache zu verwenden, bei Bedarf mehrsprachigen Austausch zu ermöglichen und geringe bzw. keine Kosten für die Teilnahme an den Angeboten zu erheben.
  • Wenn Angebote interkulturell offen sein sollen, dann müssen auch die Kommunikations- und Vermittlungsformen offen und flexibel sein, um möglichst viele unterschiedliche Teilnehmende anzusprechen und einzubeziehen: Es empfiehlt sich, alle Beteiligten direkt anzusprechen, aktiv zu motivieren und proaktiv Interesse an ihrer Meinung zu zeigen.
  • Träger und Referent:innen für Angebote zur interkulturellen Begegnung und Austausch müssen sich über die Begrenztheit ihrer Erfahrungswelt, ihrer Wertvorstellungen, ihrer Art der verbalen und nonverbalen Kommunikation bewusst sein. In heterogenen Gruppen erleben alle Beteiligten Formen des Austauschs, von Einstellungen und Wertvorstellungen, die als fremd empfunden werden. Hier sind kultur- und vielfaltssensible Kompetenzen unverzichtbar, damit eine gemeinsame Ebene der Verständigung möglich wird. Dazu gehört eine wertschätzende Haltung mit Respekt für das, was Menschen mitbringen. Die Teilnehmenden bekommen Lust zur Mitwirkung und zum Austausch, wenn nicht nur das Eigene (Wissen, Erfahrungen, Weltbild) im Mittelpunkt steht, sondern ein Raum für vielfältige Zugänge entsteht, in dem sich alle mit ihren Möglichkeiten zu Wort melden und angehört werden können, auch wenn ihre Beteiligungsform möglicherweise als anstrengend erlebt wird (geringe Deutschkenntnisse, mühsame Übersetzungen, Abweichungen vom Thema etc.).
  • Ein vielfältig aufgestelltes Team (Sprache, Geschlecht, kultureller Hintergrund etc.) vermittelt den Teilnehmenden Brücken zu den eigenen Erfahrungen und signalisiert zugleich die Anerkennung und Bereitstellung unterschiedlicher Erfahrungen und Kenntnisse, die alle ihren Raum im Austausch finden. Unser Team hat dazu Mitarbeitende aus verschiedenen migrantischen Communities in die Projektarbeit eingebunden.
  • Es ist wichtig, für die Angebote einen Standort zu finden, zu dem viele Communities/ Zielgruppen bereits Vertrauen aufgebaut haben. Die Anbindung an ein Stadtteil- oder Familienzentrum erleichtert die Werbung und kontinuierliche Information über alle Maßnahmen und Aktivitäten.
  • Während die Teilnahme an offenen Angeboten unverbindlich und spontan entschieden werden kann, brauchen andere Aktivitäten eine verbindliche Anmeldung für die notwendige Planungssicherheit. Dazu kann z.B. ein Pfandsystem genutzt werden, bei dem die Teilnehmenden das zuvor mit der Anmeldung gezahlte Pfand nach erfolgter Teilnehme zurückbekommen.
  • Viele Menschen nutzen kaum noch schriftliche Einladungen oder Informationen (Handzettel, Flyer, Plakate), sondern informieren sich überwiegend über Soziale Medien. In unserem Projekt waren neben einer Projekt-Whatsapp-Gruppe die mündlichen persönlichen Informationen das effektivste Mittel der Werbung. Dies wurde durch die Anbindung an das Bildungs- und Familienzentrum erleichtert.
  • Die ursprüngliche Idee, Handzettel zu den Projektaktivitäten auch mehrsprachig zu verteilen/auszulegen, haben wir schnell verworfen. Jedoch musste die mündliche Kommunikation und die Werbung über Soziale Medien immer auch mehrsprachig erfolgen. Auch dafür war es sinnvoll, mit einem mehrsprachigen Team zu arbeiten.

9.2 Anregungen zum Themenfeld Natur-Umwelt-Klimaschutz

  • Über kognitive Auseinandersetzungen hinaus müssen sinnliche, emotionale Erfahrungen mit Natur und Umwelt ermöglicht werden. Ganzheitliche positive Erfahrungen sind die Grundlage dafür, dass sich wieder eine Beziehung zur Natur als Lebensgrundlage entwickeln kann. Auf dieser Basis kann sich die Haltung entwickeln, dass Teilnehmende sich einlassen auf umwelt- und naturfreundliches Handeln und Konsumieren – individuell, in der Familie, im eigenen Lebensumfeld.
  • Viele ökologische Zusammenhänge für den Erhalt der Natur als Lebensgrundlage waren den meisten Teilnehmenden kaum bekannt. Auch der Zusammenhang zwischen eigenem Handeln und Konsumverhalten und der Auswirkungen auf Umwelt und Lebensgrundlagen ist teilweise nicht bekannt, wird aber auch von vielen Menschen verdrängt bzw. dringt nicht ins Alltagsbewusstsein vor. Der Austausch über diese Zusammenhänge muss daher sehr praxisnah, kultursensibel und mit Blick auf die sozio-ökonomischen Möglichkeiten der einzelnen Teilnehmenden erfolgen. Es geht nicht um Schuldgefühle und Druck, sondern um ein besseres Verständnis für die ökologischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge, in denen Klimawandel stattfindet und Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und umgesetzt werden.
  • Die Sensibilisierung und Motivation zu einem individuellen Handeln für mehr Nachhaltigkeit stößt bei allem Engagement und nachvollziehbarer Überzeugungsarbeit an Grenzen: effektive Umwelt- und Klimabildung muss auch den Zusammenhang herstellen zwischen den ökologischen Entwicklungen und dem aktuellen Wirtschaftssystem, dem Fokus auf ständiges Wirtschaftswachstum und auf regelmäßigen andauernden Konsum als Säule unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Zudem gehört auch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Interessen innerhalb der Gesellschaft bzw. auch auf globaler Ebene zu einem ehrlichen Diskurs über zukünftige und notwendige Strategien angesichts von Klimawandel, Artensterben und Umweltzerstörung. Die Glaubwürdigkeit unserer Bildungsarbeit basiert auch auf der Bereitschaft, unbequeme und kritische Themen in die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten einzubeziehen.

10.

Anhang/Verlinkung zum Film,
zu den Tipps und Erfahrungen

 

Ab ins Grüne – Tipps und Erfahrungen (Januar 2025)

Ab ins Grüne – Projektfilm

Ab ins Grüne Newsletter

 

Impressum

Herausgeberin: Fachstelle für interkulturelle Bildung und Beratung – FiBB e.V.
Landsberger Str. 63
53119 Bonn

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www.fibb-ev.de

 

Projekt: „Ab ins Grüne! Gemeinsame Naturerlebnisse als Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“ (2022 – 2024)

Text/Fotos: Marlies Wehner/Mechthild Kleine-Salgar

Bonn 2025